Arnold Schönberg und der Sommerfrischen-Antisemitismus im Salzkammergut
Online-Gedenkausstellung
Heil Salzburg! Salzburg will den Anschluß!
Objekt #12
Heil Salzburg! Salzburg will den Anschluß!
»Salzburger Volksblatt« 51/119 (30. Mai 1921), p. 1
Österreichische Nationalbibliothek, Wien
Wenige Tage vor Schönbergs Ankunft in der Salzburger Sommerfrische fand ein wichtiges politisches Ereignis statt: Am 29. Mai 1921 stimmte die Bevölkerung über den »Anschluß« Salzburgs an das Deutsche Reich ab. Die Christlich-Sozialen (in Mattsee unter Federführung von Stiftskapitular und Landesrat Daniel Etter) hatten im Vorfeld ihre Allianz mit Großdeutschen und Nationalsozialisten mit der Vision verkündet, dass »der einzige Weg zum Wiederaufbau und zur Volksgesundung der Anschluß an Deutschland« sei: »Der nationale Gedanke steht an erster Stelle und über allen Parteien: Das Volk will es!« (»Deutsches Volksblatt« 33/11625, 23. Mai 1921). Bereits im April hatte sich das Land Tirol mit überwiegender Mehrheit für den »Anschluß« an Deutschland ausgesprochen, um in geeinter Kraft einen wirtschaftlichen Kollaps, soziale Verelendung und drohenden Hungertod abzuwenden – Horrorszenarien, die als Verurteilungsfolgen der Pariser Vororteverträge Verbreitung fanden.
Auch im Land Salzburg geriet die nicht amtliche Abstimmung zum Erfolg ihrer Initiatoren. Drei Tage vor Schönbergs Eintreffen in Mattsee titelte das Salzburger Volksblatt mit »Heil Salzburg! Salzburg will den Anschluß!« Mit einem starken Aufgebot von Studentenkorporationen, Turn- und Sängervereinen, Vertretern Alldeutscher Verbände und Fackelträgern feierte die Stadt unter Skandieren des Deutschlandlieds das Wahlergebnis. Wenngleich über 90 % der Stimmen auf Ja zum Anschluss entfielen, blieb die Volksbefragung de facto folgenlos, zumal die genannten Nachkriegsvereinbarungen praktische Konsequenzen ausschlossen. Mit deutschnationaler Propaganda nahmen die Christlich-Sozialen, die ihre politischen Gegner (Sozialdemokraten) der Lügen und Verdrehungen bezichtigten, auf die mehrheitlich bäuerliche Bevölkerung erheblichen Einfluss. Begünstigend auf die Gesinnungsseilschaften in Mattsee wirkte sich eine starke Präsenz christlich-sozialer Kräfte aus, die nicht zuletzt aus der Mitte des Klerus ihren Machtbereich stärkten.
Cf. Therese Muxeneder: Arnold Schönbergs Konfrontationen mit Antisemitismus (III), in: Journal of the Arnold Schönberg Center 16/2019. Edited by Eike Feß and Therese Muxeneder. Wien 2019, p. 165–254